Svart-Hotel am Polarkreis

Wie an den entlegendsten Orten nachhaltiger Tourismus entsteht

Knapp innerhalb des Polarkreises soll das am nördlichsten gelegene Hotel mit positiver Energiebilanz entstehen. Das norwegische Büro Snøhetta hat hier ein kreisförmiges Hotel entworfen, das behutsam mit der umgebenden weitgehend unberührten Landschaft umgeht. Um die sensible Flora und Fauna vor Ort zu schonen, soll das Hotel nicht an Land, sondern in dem Fjord stehen. Auf einer Holzstelzen-Konstruktion, die der traditionellen Bauweise der lokalen Fischer nachempfunden ist, schwebt das Gebäude über dem kristallklaren Wasser und berührt die vorhandene Natur nur punktuell. Die 360 Grad Anordnung des „Svart-Hotels“ gibt dabei den Blick auf den Svartisen („Schwarzeis“) Gletscher und den Holanfsfjord frei.

Die kreisförmige Form des Gebäudes resultiert aus Sonnenverlaufsstudien, die Snøhetta in der Entwurfsphase durchgeführt hat, um den idealen Energieeintrag der Sonne in dieser extremen Lage zu gewinnen. Durch das auskragende Dach kommt das Hotel im Sommer auch trotz langer Sonnenstunden ohne Kühlung aus. Im Winter lassen die großen Fenster die tiefstehende Sonne und damit noch etwas Licht bei frostigen Außentemperaturen herein.

Die extremen Temperaturen vor Ort erfordern für die Konstruktion sehr kälte- und besonders wasserbeständige Materialien. Auch um eine positive Energiebilanz erzielen zu können, werden vorwiegend Materialien mit guter Ökobilanz (also geringem Energieverbrauch im Herstellungsprozess) verwendet. Holz ist deshalb das hier vorherrschende Material. Im Laufe seines Lebenszyklus soll das Hotel mehr Energie produzieren, als es in den 60 Jahren Nutzungsdauer von der Errichtung bis zum Abriss verbrauchen wird. Dank Solarthermie und weiterer technischer Neuerungen verbraucht das Gebäude nur 15% der Energie eines herkömmlichen Gebäudes.

Der nachhaltige Ansatz des Hotels soll auch die Touristen für den behutsamen Umgang mit der Natur beim Reisen an solch abgeschiedene Orte sensibilisieren. Die Vision des Auftraggebers, der Arctic Adventure of Norway ist es, nachhaltigen Tourismus in Norwegen zu etablieren. Wann das Hotel eröffnet wird, steht noch in den (Polar)Sternen, da das Projekt bisher nur als Entwurf besteht. Eine Umsetzung ist bis Ende 2022 geplant. Das Hotel kann dann nur mit dem Schiff erreicht werden, welches dem ganzheitlichen Konzept zur Folge dann hoffentlich auch mit Solarenergie oder Wind angetrieben wird.

Bilder: Snøhetta, Miris AS

Lebenszykluskosten

Nachhaltig Investieren durch eine ganzheitliche Betrachtung

Bei der Investitionsentscheidung für Gebäude spielen oft nur die reinen Herstellungskosten eine Rolle. Doch gerade für Bestandshalter von Immobilien ist diese Betrachtungsweise viel zu kurzsichtig, denn erst durch die Berechnung und Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes lassen sich nachhaltig wirtschaftliche Entscheidungen für oder gegen ein Projekt treffen.

Die Life Cycle Costs (LCC) setzen ich zusammen aus den Herstellungs-, den Betriebs- und oftmals auch den Rückbaukosten eines Gebäudes. Da letztere verhältnismäßig gering ausfallen, werden sie in manchen Berechnungsmethoden vernachlässigt. Die Betriebskosten beinhalten dabei nicht nur die Energiekosten eines Gebäudes, sondern auch die Wartungs- und Instandhaltungskosten, die Reinigungskosten und die Instandsetzungskosten.

Die ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich) ist ein beispielhafter Bauherr, der durch die Eigennutzung des Immobilienportfolios großes Interesse daran hat, die eigenen Universitätsgebäude effizient zu nutzen und die laufenden Kosten gering zu halten. Da ein Großteil des Immobilienportfolios noch aus der Gründerzeit stammt, schlagen die Betriebskosten der Gebäude über ihre Laufzeit immens zu Buche. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise ist daher auch bei Neubauprojekten von vornherein wichtig.

So hat die ETH Zürich in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christian Stoy von der Universität Stuttgart ein Tool entwickelt, mit welchem schon im Wettbewerbsverfahren die Lebenszykluskosten der eingereichten Wettbewerbsprojekte kalkuliert und verglichen werden können. Die ETH Zürich kann dabei auf eine große Datenbank aus Erfahrungswerten vieler Betriebsjahre und unterschiedlichster Gebäudetypologien zurückgreifen.

Nicht jeder Bauherr hat solch verlässliche Werte für die zur Berechnung der LCC erforderlichen Parameter vorliegen. So müssen oft recht vage Annahmen für diese Variablen getroffen werden mit der Folge, dass die Ergebnisse teilweise recht schwammig ausfallen. Doch je mehr Benchmark-Sammlungen gefüllt werden, desto präziser werden zukünftig auch die Ergebnisse dieser Berechnungen sein.

Im Rahmen von Gebäudezertifizierungen werden Lebenszykluskostenberechnungen durchgeführt, wie beispielsweise beim DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen). Neuere Versionen der Leed- und Breeam-Zertifizierung beziehen die LCC-Betrachtung ebenfalls mit in die Bewertung ein. Verschiedene Software Anbieter haben mittlerweile Programme entwickelt, um die Lebenszykluskosten bauteilgenau zu berechnen, z.B. LEGEP. Das Verfahren ist bekannt als Life Cycle Assessment (LCA).

So lässt sich über die Lebenszykluskosten die rein ökonomische Nachhaltigkeit von Gebäuden und seiner einzelnen Bauteile bewerten, nicht jedoch die ökologische oder soziokulturelle Nachhaltigkeit. Doch gerade die wirtschaftliche Nachhaltigkeit von Investitionen ist für Käufer und Bestandshalter die Entscheidende. Daher ist die LCC-Betrachtung insbesondere den öffentlichen Institutionen, Flughäfen und weiteren Investoren, die ein großes Portfolio an Bestandgebäuden halten, nahezulegen.

Bild: Wettbewerbsergebnis HPQ, ETH Zürich, Ilg Santer Architekten 

Guelmim Airport

Eine intelligente Fassadengestaltung spendet Schatten in der Wüste

Am „Tor zur Wüste“ im Südwesten Marokkos haben Groupe3Architectes für den Flughafen Guelmim ein neues Terminalgebäude errichtet, welches durch seine Einfachheit, Effizienz und den Einklang mit der umliegenden Landschaft besticht. Aufgrund der intelligenten architektonischen Gestaltung konnte die Gebäudetechnik im Inneren reduziert und trotzdem ein angenehmes Raumklima in der wüstennahen Region geschaffen werden. Dazu trägt die schlichte Kubatur des Gebäudes sowie die Fassadenkonstruktion im Besonderen ihren Anteil bei.

Die Anordnung der Funktionen im Inneren ist gut strukturiert und effizient organisiert. Die Sicherheitszonen sind durch eine mittig angelegte Nebenzone getrennt und damit klar gegliedert. Die lineare Anordnung entlang des Runways ermöglicht eine bedarfsgerechte spätere Erweiterung der Halle ohne große konstruktive Maßnahmen.

Die stützenfreien Passagierzonen links und rechts der Nebenzone erlauben eine flexible Nutzung gerade im Hinblick auf die sich heutzutage schnell ändernden Sicherheitsbestimmungen an Flughäfen. Oberhalb der zweigeschossigen Nebenzone ist ein Atrium angelegt, über welches die natürliche Ventilation des Gebäudes geführt wird. Außerdem gelangt darüber natürliches Licht in die Tiefe der Passagierhallen ohne auf teure und wartungsintensive Lüftungs- und Klimaanlagen angewiesen zu sein.

Die Fassade besteht aus perforierten Metall-Paneelen in den Rot- und Ockertönen, die die Farbe der Wüste und des Atlas Gebirges wiederspiegeln. Sie umschließt das Gebäude wie ein Flickenteppich. Doch nicht nur gestalterisch, sondern auch konstruktiv erfüllt sie ihren Zweck: Die perforierte Metallfassade liegt wie ein Schleier über der vollverglasten Box und lässt natürliches Licht herein. Gleichzeitig wird der  Wärmeeintrag durch die natürlich Verschattung reduziert. Der Schleier wirft interessante Lichtspiele im Inneren. Die Muster, die aus der Perforation entstehen, sind angelehnt an dekorative Elemente aus der lokalen Kultur. Im Inneren wurde ein lokaler Stein als Wand- und Fußbodenmaterial verwendet, wodurch die Verbundenheit zur Umgebung unterstrichen wird und Transportwege für das Baumaterial sinnvoll verkürzt werden konnten.

Der Flughafen ist ein Beispiel, wie durch gut durchdachte Architektur sowohl die Investitionskosten als auch die Betriebskosten reduziert werden können. Die kompakte Kubatur und Fassadengestaltung ermöglichen ein ökologisches und ökonomisches Projekt, das zudem einen hohen gestalterischen Wert hat.
Der Flughafen Guelmim wird von der Royal Air Marokko beispielsweise von Casablanca aus angeflogen. Von dort aus lässt sich die Atlantikküste in ca. einer Stunde erreichen, wo zahlreiche Urlaubsziele und Surfspots auf einen warten.

Bilder: groupe 3 architectes / Fernando Guerra FG+SG