Holzmodulbau

Wie sich durch Vorfabrikation im Holzbau die Bauzeit verkürzen lässt

Was die Autoindustrie zur Perfektion beherrscht, ist in der Baubranche noch Zukunftsmusik: Eine effiziente Lieferkette vom Einzelteil bis zum fertigen (Bau)Produkt herzustellen. Eine Folge davon ist, dass kaum ein Bauprojekt innerhalb der veranschlagten Bauzeit oder des Kostenrahmens realisiert wird. Die Digitalisierung und Automatisierung im Bauprozess bieten die Möglichkeit, durch modulare Bauweise Material, Abfall und ganz besonders Bauzeit einzusparen. Das kommt letztendlich nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Investor zu Gute.

Werksfabrikation Holzmodule bei Kaufmann Bausysteme

Als Konstruktionsmaterial birgt Holz enorme Potenziale. In jeder Sekunde wachsen in Deutschland ca. 4 Kubikmeter Holz. Das heißt, das Baumaterial für ein ganzes Haus wächst in nur ein paar Minuten nach. Außerdem kann dieser nachwachsende Rohstoff CO2 speichern, und liefert so bei der Ökobilanzierung eine positive CO2-Bilanz. Im Gegensatz dazu wird bei der Herstellung anderer Konstruktionsmaterialen wie Beton oder Stahl extrem viel CO2 produziert.

Das österreichische Bauunternehmen Rhomberg ist ein Vorreiter in der Digitalisierung im Holzbau. Mit dem LifeCycle Tower ONE in Dornbirn hat die CREE, eine Tocher der Rhomberg Gruppe, bereits 2011 das erste achtstöckige Holzhochhaus errichtet. Die CREE hat dafür zusammen mit dem Architekten Hermann Kaufmann eine modulare Systembauweise entwickelt, die bei diesem internationalen Forschungsprojekt erstmals zur Anwendung kam.

Unabhängig davon, ob die Fertigteile für eine Modulbauweise aus Holz oder einem anderen Baustoff wie Beton hergestellt werden, wird durch die Vorfabrikation der Module im Werk viel Lärm und Dreck auf der Baustelle vermieden. So müssen die Bauteile vor Ort nur noch passgenau zusammengesteckt werden, was in sehr kurzer Zeit und ohne großes Abfallaufkommen geschehen kann. Durch optimierte Prozesse im Werk werden nur wenige Arbeiter benötigt. Und durch deren repetitive Arbeit ähnlich einem Fließband kann eine enorme Effizienzsteigerung erzielt werden.

Auch am Ende seines Lebenszyklus angekommen, hinterlässt ein modulares Holzhaus im Gegensatz zu einem herkömmlichen Bau nicht einen Haufen Sondermüll, sondern kann dank seiner Modulbauweise vollständig rückgebaut und recycelt werden, sofern dies bei der Konzipierung der Module bereits mitgedacht wurde.

Noch gibt es in Deutschland einige gesetzliche und konstruktive Hürden zu überwinden, um Holzhäuser serienmäßig herzustellen. Dazu zählen insbesondere der Brandschutz, die Standsicherheit und der Schallschutz. Dennoch lohnt es sich, dass innovative Köpfe solche Projekte anstoßen und zusammen mit der Industrie Zulassungen für neue Produkte entwickeln.

Im Regierungsviertel in Berlin wurde Ende 2021 der Luisenblock fertiggestellt. Das neue Abgeordnetenhaus mit ca. 400 Büros wurde von den Architekten Sauerbruch Hutton entworfen und von dem österreichischen Bauunternehmen Kaufmann Bausysteme in Holzmodulbauweise errichtet. Die Module wurden inklusive Ausbau witterungsunabhängig im Werk in Köpenick zusammengesetzt und per LWK auf die Baustelle geliefert.  So konnte das Projekt innerhalb weniger Monate realisiert werden.

Andere Länder wie Österreich und Skandinavien sind, was Baurecht und Höhe betrifft, schon einen Schritt weiter. In Norwegen wurde 2019 das höchste Holzhaus der Welt eröffnet. Der Mjøstårnet von Voll Arkitekter misst 85,4 m. Damit haben die Norweger die Österreicher sowohl zeitlich als auch in der Höhe überholt. In Wien entstand parallel das „HoHo“, ein 84 m hohes Holzhochhaus, das von Rüdiger Lainer + Partner entworfen wurde.

 

Bis diese Hochhaushöhen im Holzbau in Deutschland geknackt werden, wird es wohl noch etwas dauern. Die Gesetzeslage musste da erst noch nachziehen. In der Hafencity in Hamburg entsteht aktuell Deutschlands höchstes Holzhybridhochhaus: das Roots. Auf die Fertigstellung 2023 und weitere Folgeprojekte dürfen wir gespannt sein.

Bilder:
Werk Kaufmann Bausysteme: paul ott photografiert / Life Cycle Tower: HK Architekten, Darko Todorovic, Angela Lamprecht / Mjøstårnet: Woodify AS, Vjus AS / HoHo Wien: Michael Baumgarnter, KiTO

Svart-Hotel am Polarkreis

Wie an den entlegendsten Orten nachhaltiger Tourismus entsteht

Knapp innerhalb des Polarkreises soll das am nördlichsten gelegene Hotel mit positiver Energiebilanz entstehen. Das norwegische Büro Snøhetta hat hier ein kreisförmiges Hotel entworfen, das behutsam mit der umgebenden weitgehend unberührten Landschaft umgeht. Um die sensible Flora und Fauna vor Ort zu schonen, soll das Hotel nicht an Land, sondern in dem Fjord stehen. Auf einer Holzstelzen-Konstruktion, die der traditionellen Bauweise der lokalen Fischer nachempfunden ist, schwebt das Gebäude über dem kristallklaren Wasser und berührt die vorhandene Natur nur punktuell. Die 360 Grad Anordnung des „Svart-Hotels“ gibt dabei den Blick auf den Svartisen („Schwarzeis“) Gletscher und den Holanfsfjord frei.

Die kreisförmige Form des Gebäudes resultiert aus Sonnenverlaufsstudien, die Snøhetta in der Entwurfsphase durchgeführt hat, um den idealen Energieeintrag der Sonne in dieser extremen Lage zu gewinnen. Durch das auskragende Dach kommt das Hotel im Sommer auch trotz langer Sonnenstunden ohne Kühlung aus. Im Winter lassen die großen Fenster die tiefstehende Sonne und damit noch etwas Licht bei frostigen Außentemperaturen herein.

Die extremen Temperaturen vor Ort erfordern für die Konstruktion sehr kälte- und besonders wasserbeständige Materialien. Auch um eine positive Energiebilanz erzielen zu können, werden vorwiegend Materialien mit guter Ökobilanz (also geringem Energieverbrauch im Herstellungsprozess) verwendet. Holz ist deshalb das hier vorherrschende Material. Im Laufe seines Lebenszyklus soll das Hotel mehr Energie produzieren, als es in den 60 Jahren Nutzungsdauer von der Errichtung bis zum Abriss verbrauchen wird. Dank Solarthermie und weiterer technischer Neuerungen verbraucht das Gebäude nur 15% der Energie eines herkömmlichen Gebäudes.

Der nachhaltige Ansatz des Hotels soll auch die Touristen für den behutsamen Umgang mit der Natur beim Reisen an solch abgeschiedene Orte sensibilisieren. Die Vision des Auftraggebers, der Arctic Adventure of Norway ist es, nachhaltigen Tourismus in Norwegen zu etablieren. Wann das Hotel eröffnet wird, steht noch in den (Polar)Sternen, da das Projekt bisher nur als Entwurf besteht. Eine Umsetzung ist bis Ende 2022 geplant. Das Hotel kann dann nur mit dem Schiff erreicht werden, welches dem ganzheitlichen Konzept zur Folge dann hoffentlich auch mit Solarenergie oder Wind angetrieben wird.

Bilder: Snøhetta, Miris AS